Im Winter 2002, während der Koalitionsverhandlungen zur Regierungsbildung von ÖVP und FPÖ, erschien das Buch „Wer will die Wende?„. Ein Buch des Journalisten und Herausgebers von DER GLÖCKEL, W. E. Glöckel, über verdeckte Ermittlungen in der Rechten Szene Österreichs und Deutschlands. Es dokumentiert die Erkenntnisse, die aus Untergrund-Ermittlungen gewonnen und im Auftrag der staatspolizeilichen Abteilung des Bundesministeriums für Inneres durchgeführt wurden.
Glöckel wendet sich 1994 als (damals noch) Angehöriger der Wiener Alarmabteilung (WEGA) direkt an den Leiter der Staatspolizei Dr. Oswald KESSLER, als er ein bedenkliches Inserat mit der Einleitung „Wer will die Wende?“ findet. Zuvor tritt Glöckel, der auch von der DEA (Drug Enforcement Administration) als Untergrundbeamter ausgebildet wurde, mit dem Inserenten in Kontakt. Durch seine Antwort ist der Nachweis erbracht, dass es sich um eine politisch motivierte Gruppe handelt, die hier agiert. Der vorgeschriebene Dienstweg wird Außeracht gelassen, weil unter anderem ausländerfeindliche Aussagen innerhalb der eigenen Abteilung an der Tagesordnung stehen und eine Kerngruppe der freiheitlichen Personalvertretung zu Spaltungen in der Mannschaft führt.
Die Republik steht zu diesem Zeitpunkt im Schatten der Briefbombenattentate und die Ermittlungsresultate führen nicht wirklich zu Ergebnissen, die eine Täteridentifizierung ermöglichen. Ein, durch eine mögliche rechtsorientierte Gruppe oder Organisation selbst ausgelöster Kontakt könnte jedoch eine schrittweise Infiltration ermöglichen – das ist Glöckel´s Grundansatz. KESSLER zieht in Folge den damaligen Leiter der EBT (Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus) Mag. Josef DICK bei. Es wird nach ersten Erkenntnissen und Analysen beschlossen, den Polizeibeamten abseits seiner eigenen Dienststelle mit den Ermittlungen zu beauftragen. Aus Gründen der Geheimhaltung soll keine, nach Außen deklarierte, direkte Versetzung zur EBT erfolgen, sondern ein „Schreibtischposten“ in der Polizeidirektion als offizielle Zwischenstation dienen. Glöckel infiltriert schrittweise die Rechte Szene. Der Ermittlungsinhalt ist durch Verknüpfungen innerhalb der Szene rasch auch auf Deutschland ausgeweitet und bringt Ergebnisse. Dort, wo beispielsweise Hausdurchsuchungen nichts zum Vorschein bringen, wie bei der Wiener akademischen Burschenschaft „Olympia„, geht Glöckel, alias Karl DANGL regelmäßig ein und aus. Auch bei einer Veranstaltung unter Federführung von „Olympia“ mit Anwesenheit des PLO-Botschafters und der FPÖ Angehörigen Barbara ROSENKRANZ, zeigt sich dem damaligen Beamten die deklarierte Gesinnung der schlagenden Burschenschaft bzw. auch die, der nunmehrigen Nationalratsabgeordneten, in der Praxis. Die Versetzung zur EBT verzögert sich und plötzlich wird der im Untergrund operierende Beamte von seinem Dienstgeber, der Bundespolizeidirektion Wien gefeuert. Bis heute sind die Hintergründe unbekannt und selbst bei Veröffentlichung des Buches während der Regierungsverhandlungen Dezember 2002/Jänner 2003 scheint diese Thematik weder in der Tagespolitik noch in den Medien erwünscht zu sein.
Von den Beteiligten avancierte Mag. Josef DICK zum Polizeidirektor von Leoben. Dr. Oswald KESSLER sitzt seit Jahren nicht mehr an so gewichtiger Position – gegenwärtig in der Sektion 4, EDV des Bundesministeriums für Inneres und der ehemalige Verbindungsmann KOLLER (EBT), der Glöckel zugeteilt wurde, befindet sich, laut Auskunft des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, bereits in Frühpension.
Zunehmender Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit, sowie wieder stärker werdende nationalsozialistische Tendenzen (beispielsweise die Wahlen in Deutschland, Stichwort NPD), sind Gründe für den Autor, das Werk als Online-Buch jetzt überarbeitet und erweitert zu veröffentlichen. Das Werk umfasst in seiner Online-Ausgabe um 25 Dokumente, Abbildungen und Fotos mehr als die gleichnamige Printausgabe.
Auch, wenn der zurückgetretene Innenminister Dr. Ernst STRASSER auf die parlamentarische Anfrage der GRÜNEN, die sich auch auf Inhalte „der Wende“ bezog, im Jahr 2003 Antworten schuldig (pdf-Datei) blieb, so sind Gegebenheiten und Zustände im Zusammenhang mit Rechter Gesinnung existent und der Fall um Glöckel ein Beispiel, das aufzeigt, daß nach außen kolportierte Inhalte in gänzlichem Widerspruch zu realen Gegebenheiten stehen.
Abbildung 2: © Tageszeitung „Der Standard“ vom 28.1.1994
Abbildung 1: Photo Barbara Rosenkranz – FPÖ © NÖ Landespressedienst Foto Isensee
2005-02-22
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