Goebbels Schergen des 21. Jahrhunderts

Faksimile von Nazi SPAM

Mit Donnerstag, den 10. Juni 2004 dürfte wohl eine der umfassendsten und weitläufigsten Propagandaaktionen der nationalsozialistischen Szene angelaufen sein, die die Internetgemeinschaft erlebt(e) und deren Ende gegenwärtig noch nicht abzuschätzen ist. Millionen von e-Mails, komponiert aus illegal abgehörten Adressen (die sowohl als Absender wie Empfänger benutzt werden) und einer Vielzahl von rechtslastigen Hetztexten sowie Links zu Webseiten braunen Gedankenguts überfluten das deutschsprachige Internet. Ein Zusammenhang mit den am Wochenende stattfindenden Europawahlen besteht höchstwahrscheinlich.

Faksimile von braunem SPAM

Auslöser war eine derzeit nicht bekannte Anzahl offensichtlich rechts ausgerichteter Personen, die aus verschiedenen Ländern eine Aktion startete, die die Lawine ins Rollen brachte. Dabei wurden inhaltlich unterschiedlich vorbereitete e-Mails zum Versand gebracht, die durch ihr Erscheinungsbild auch bei gleichem Betreff Unterscheidungsmerkmale aufwiesen. Im Zeitraum von 48 Stunden erhielt unserer Mitarbeiter 60 e-Mails, deren Anzahl sich bis zur Veröffentlichung dieses Artikels auf 85 Stück erhöhte, die allesamt Ausländerfeindlichkeit zum Ausdruck brachten.

Faksimile aus rechter Propaganda

Inhaltlich teilten sich die Texte in einschlägigen Darlegungen von Sachverhalten beziehungsweise kurzen Textpassagen mit Linkverweis(en). Inhalte: Schuldzuweisungen für unterschiedlichste soziale und wirtschaftliche Belange an Ausländer und die Thematik eines möglichen Beitritts der Türkei zur Europäischen Union. Auffällig der Umstand, daß immer wieder Websites mit einem NPD-Bezug enthalten waren.

Auszug der unterschiedlichen eingelangten Betreff-Angaben:

.) Medienzensur : Id:5501
.) Das kann unmoeglich sein -Leserbrief- : ID: 7444
.) Bankrott des Gesundheitswesens durch Auslaender! [Key:9328] .) Die Deform der sozialen Ordnung
.) Paradies Bundesrepublik – Rente fuer die Welt – ‚7048‘
.) Nein zum Zuwanderungsgesetz ! ‚Id:8962‘
.) Paradies Bundesrepublik – Rente fuer die Welt – #1508#
.) Moschee-Bau in Deutschland ‚Id:9688‘
.) Bankrott des Gesundheitswesens durch Ausländer! #Id:6783#
.) Augen auf! (So sieht es aus!) #Id:8342#
.) Skandalurteil in Darmstadt
.) EU Beitritt der Tuerkei?


Propaganda mit Verweis zu einer NPD-Ortsgruppe

Propaganda mit Verweis zu einer NPD-Ortsgruppe

Propaganda mit Verweis zu einer NPD-Ortsgruppe

Folgte man, den in den e-Mails angeführten Link(s) so landete man, wie dieses Beispiel aufzeigt auf der Website einer NPD-Ortsgruppe, die unter anderem nicht nur von Feierlichkeiten des Rudolf Heß-Gedenktages eine Bilderserie zeigt, sondern auch auf Artikel der einschlägig bekannten Zeitung Junge Freiheit verweist.

Website einer NPD-Ortsgruppe - NPD und Rudolf Hess

Website einer NPD-Ortsgruppe – NPD und Rudolf Hess

Die Junge Freiheit mit ihrem gesamten rechtsorientierten Umfeld war schon ein Schwerpunkt der Publikation des Herausgebers der muenchnernotizen über verdeckte Ermittlungen in der rechtsradikalen Szene Österreichs und Deutschlands. (Wer will die Wende? – [2002])

Selbst bei gleichlautendem Betreff waren in unserem Fall zwei unterschiedliche ID´s hinter dem Text ein mögliches Indiz dafür, daß eine derartige Kennzeichnung von jeweiligen Absender vorgenommen wurde. Die Textgestaltung auch ohne Umlautzeichen versehen, beinhaltet bei einem Auslandsversand, bedingt durch unterschiedliche ISO-Zeichennormsätze, dass der Empfänger in jedem Fall eine gut strukturierte Textansicht in seinem Postfach vorfindet. Die Wortwahl und der Inhalt, abgesehen von einigen mehrfach-Atrostrophierungen von Ruf- & Fragezeichen, lassen die Ableitung zu, daß diese Texte nicht aus der Hand eines hirnlosen unbedeutenden Mitläufers der rechten Szene stammen, sondern, wie das gesamte Vorgehen, von langer fachmännischer Hand vorbereitet und umgesetzt wurde.

Artikel & Verweise der & zu JUNGE FREIHEIT

Artikel & Verweise der & zu JUNGE FREIHEIT

Corinna PRADEL vom IT-Sicherheitskonzern Symantec berichtete uns, das in den letzten Monaten die vermehrte Feststellung gemacht werden konnte, daß Backdoors in unterschiedlichsten Rechnern und Virenprogramme installiert wurden, die jedoch keine Schäden anrichten. In Folge kann so der Zusammenschluss zu BotNets erfolgen, der mit einem Schlag als Netzwerk aktiviert werden kann. Dies war in der gegenständlichen Vorgangsweise wahrscheinlich der Fall und die unterschiedlichsten Systeme agieren auf diese Weise als Verteiler. Diese feindliche und unbemerkte „Übernahme“ von Systemen kann tausende Rechner betroffen haben.

Ein Technikmitarbeiter der Schlund & Partner AG gibt an, daß die Zunahme des e-Mail-Versandes in den letzten Tagen zu einem Mutieren der Server geführt hat und im schlechtesten Fall, der e-Mail-Versand verzögert stattfindet. Gegenwärtig wartet man noch auf die Updates, die die automatische Filterung des SPAM ermöglichen.

Faksimile einer mit Mitarbeiter e-Mail-Adresse verschickten braunen Propaganda

Faksimile einer mit Mitarbeiter e-Mail-Adresse verschickten braunen Propaganda

Doch mit dem Erhalt der e-Mails aus braunen Händen war die Thematik längst nicht erledigt, da am 12. Juni durch unseren Mitarbeiter die Feststellung gemacht werden musste, daß die ausländerfeindlichen Nachrichten, auch mit seiner e-Mail-Adresse versehen, an zahlreiche ihm unbekannte Empfänger verschickt wurden.

Fachleute sind skeptisch, was die Identifizierung der Verursacher betrifft, es wird sich weisen, ob die Ermittlungsbehörden in der Lage sind, diesen bis zum Ursprung auf die Schliche zu kommen.

In sozial und konjunkturell schwachen Zeiten war und ist es seit jeher ein Bestreben gewisser Gruppierungen, Ausländern die Schuld für diese Umstände in die Schuhe zu schieben. Sie werden zu Sündenböcken abgestempelt.

Diese e-Mails bergen Gefahren in sich, da nicht jeder Empfänger inhaltlich damit umzugehen weiss. Wenn als Resultat von Millionen verschickter e-Mails auch nur ein halbes Promille der Empfänger den Inhalt als glaubhaft ansieht, dann haben die Ewig Gestrigen im Stil eines Joseph GOEBBELS einen Sieg erlangt, und wir als Gesellschaft haben mit Information und Aufklärung versagt, das auszugleichen, was in der Politik falsch läuft.

2004-06-13


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