EU-Erweiterung – die Slowakei feiert

EU-Luftballons in BratislawaDer 1. Mai 2004 wird durch die größte Erweiterung in der Geschichte der Europäischen Union in die Bücher Eingang finden. Durch das Hinzukommen der 10 Länder, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechische Republik, Ungarn, Slowenien, Malta, dem griechischen Teil Zyperns sowie der Slowakei steigt die Bevölkerungszahl innerhalb der EU auf etwa 450 Millionen Menschen an. Der Beitritt jedes einzelnen Landes im Verlauf der Geschichte der Europäischen Union war und ist immer ein bedeutendes Ereignis, jedoch ist der Inhalt anhand der politischen Geschichte in den ehemaligen kommunistischen Ländern mit einem ganz anderen Background versehen.

Bürger von Bratislava ziehen mit ihrer Landesfahne durch die Stadt

Die Slowakei war der Ort, an dem wir uns in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai befanden, um zu beobachten, wie die Menschen diesem Ereignis begegneten. Sie ist eine junge Republik, die sich jedoch ohne vorangegangenem Referendum per 1.1.1993 von der Tschechoslowakei abspaltete. Es bildeten sich in Folge zwei eigenständige Staaten, die Tschechische Republik und die Slowakei. Zurückzuführen war die Teilung auf MECIAR und KLAUS. Zuvor gab es in der Historie das bedeutende Jahr 1989, das Jahr, in dem die kommunistischen Systeme der ehemaligen Ost-Länder zusammenbrachen. Am 4. Dezember 1989 fiel der „Eiserne Vorhang“ der damaligen Tschechoslowakei, und deren Bewohner konnten die Grenzen frei passieren. In dieser Nacht standen Tausende Menschen, teilweise frierend, auch in kilometerlangen Autoschlangen vor den Grenzübergängen, um zu Mitternacht Boden des Westens betreten zu können.

"Grenzfall" am 4.12.1989 der damaligen Tschechoslowakei

"Grenzfall" am 4.12.1989 der damaligen Tschechoslowakei

Auf österreichischer Seite wartete bereits in Berg das Jungendrotkreuz und schenkte Tee aus, während die Medien in die ganze Welt die Bilder des Ereignisses schickten. Jetzt, 15 Jahre später, hat sich viel geändert, vor allem entwickelt. Aber die Menschen der Slowakei sehen in der Gemeinschaft der Europäischen Union die Zukunft, wobei Aspekte wie Arbeitsmarkt und Lohnniveau sicherlich Themen sind, die Gedanken bereiten. Jedoch kommt eine Sicherheit und eine eigene Art der Geborgenheit in der Gemeinschaft zum Tragen, die nur schwer für Menschen aus dem Westen nachzuvollziehen ist. Weil der überwiegende Teil im Westen nicht erfahren hat, was es bedeutet, unter einem kommunistischen Regime zu leben.

Menschen aller Altersgruppen tanzten im Stadtzentrum

Menschen aller Altersgruppen tanzten im Stadtzentrum

In der Nacht moderne Musik auf der Showbühne

In der Nacht moderne Musik auf der Showbühne

So feierten und tanzten die Menschen in Bratislawa quer durch alle Altersgruppen hindurch und brachten ihre Freude zum Ausdruck. Anwesende aus anderen Ländern, wie beispielsweise Polen, brachten ihre Landesfahnen mit, schwangen sie und brachten damit bildlich das zum Ausdruck, was die EU an wesentlicher Bedeutung hat:

Sie ist eine Gemeinschaft, in der alle Angehörigen gleiche Rechte und Pflichten haben sollen, wo Menschen Menschen begegnen können, ohne Unterscheidung von Herkunft, Religion und Rasse – ein friedvolles Miteinander. Wenn auch von zahlreichen Personen immer wieder die Wirtschaft in den Vordergrund gestellt wird, so sollte man sich darauf besinnen, daß Entwicklungen ihre Zeit brauchen, denn nur, was langsam wächst, birgt auch Stabilität, Einheit und Sicherheit in sich.

Die Fahne Österreichs wehte auch am Großbildschirm

Die Fahne Österreichs wehte auch am Großbildschirm

Wenn man sich jedoch bleibende Bestimmungen, wie beispielsweise die beschränkte Einfuhr von Zigaretten ansieht, oder eingeschränkte Zugänge mit Übergangsfristen von bis zu 7 Jahren für den Arbeitsmarkt, so kann man sich den Eindruck nicht erwehren, daß sich manche Staaten wie auch Österreich, nur die Rosinen aus dem Kuchen picken will.

Die slowakischen Nachbarn beflaggten ihre Nation und huldigten auch der Gemeinschaft – eine Familie ist größer geworden. Das gelebte Selbstverständnis in Österreich brachte jedoch nicht einmal die Deklaration einer Freude zum Ausdruck, daß vielleicht am Grenzübergang eine Fahne der EU gezeigt wurde, stattdessen wehte die österreichische Fahne auch im Zentrum der feiernden Menge im Zentrum Bratislavas Tausenden am Großbildschirm entgegen.

Menchen aus Polen mischten sich unter die anwesenden Slowaken und feierten mit ihnen gemeinsam

Menchen aus Polen mischten sich unter die anwesenden Slowaken und feierten mit ihnen gemeinsam

Grenzübertritt

Während die Feierlichkeiten der Bevölkerung im Stadtzentrum abgehalten wurden, fanden sich nur vereinzelte Menschen, die an die Grenze nach Berg zu Österreich kamen. Punkt Mitternacht traf eine Gruppe von 4 Personen auf dem Fahrrad ein. Ehepaar PADRUNEK und Ehepaar GÖRNER, 4 Menschen, die schon lange in Pension sind, fanden sich mit Fackel an der Örtlichkeit ein, wo sie 15 Jahre zuvor, ebenso als erste Radfahrer die freie Grenze passiert haben.

„Perspektiven für die Zukunft sind unsere Hoffnung, eine Vision von Otto Habsburg wird Wirklichkeit“

und die doch mit etwas Betroffenheit versehene Bemerkung:

„Es ist schade, daß unsere Eltern dies nicht mehr erleben“,

zeigen auf, welch Besonderheit sich für die Menschen der älteren Generation in diesem Ereignis verbirgt.

Die Gruppe kam auch bereits zum Grenzfall mit ihren Fahrrädern

Die Gruppe kam auch bereits zum Grenzfall mit ihren Fahrrädern

In manchen der neuen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben zahlreiche Menschen über Jahrzehnte in einem kommunistischen Regime für den Kampf von Unabhängigkeit und Freiheit ihr Leben gelassen. Mit dem 1. Mai 2004 erfüllt sich ein Ziel, an dessen Bewahrung jeder einzelne Bürger einzutreten und beizutragen hat.

050205


  1 comment for “EU-Erweiterung – die Slowakei feiert

Schreibe einen Kommentar